Neulich lud man mich ein zu einem Gartenfest –
So was find' ich allgemein eher fad –
Doch dies hier schien höchst exklusiv zu sein
Weil man höflichst um Antwort bat
Ich rief irgendwo an, und man verband mich sofort
Mit einem Herrn vom Protokoll
Und ich fragte ihn, wer denn sonst noch kommt
Und ob ich Bier mitbringen soll
Er meinte pikiert, dies sei ein Empfang
Und man reiche Gebäck und Sekt
Er wies mich auch auf die erwünschte Garderobe hin:
Sommerlich, aber korrekt!
Ich weiß nicht genau, was man darunter versteht
Weiß bloß, wer mich im hellen Anzug trifft
Hält mich bestenfalls für einen Gigolo
Oder den Zuhälter vom Damenstift
So wählte ich Shorts –
Das Fest war doch nicht so exklusiv
Das sah ich auf den ersten Blick
Der Kreis der geladenen Gäste belief sich
Auf zwei- bis dreitausend Stück
Der Garten sah aus wie ein Rummelplatz
Mit Bierzelt und Wurstbraterei
Und als Stimmungskanonen war'n ganz unauffällig
Die Verfassungsschützer dabei
Man erkannte sie leicht, weil sie die einzigen war'n
Deren Gesicht nicht gleich Jeder erkennt
Denn die ander'n Gäste auf der Party war'n
Alle ungemein prominent
Die Stars von Film, Funk und Fernseh'n sind
Von Autogrammjägern ständig bedrängt
Sie tun so, als wär' ihnen das lästig
Doch wenn keiner kommt, sind sie tödlich gekränkt
Ich hasse diese Art von Personenkult
Hab' ihn schon lange gründlich satt
Hinzu kommt, dass niemand auf dem ganzen Fest
Mich um meine Unterschrift bat
Im Gefolge eines Filmproduzenten
Suchen Nachwuchssternchen ihr Heil
Er dreht einen neuen "Schulmädchen-Report" –
Es ist der sechsundachtzigste Teil
Ein Minister erscheint, von zwei Gorillas gesäumt
Die Fotografen knipsen wie wild
So ein Gehabe find' ich widerlich –
Von mir schoß übrigens niemand ein Bild
Und dann wird interviewt:
„Ich dreh' grad' meine zweite Personality-Show!“
„Ich leite einen Kongreß!“
Man lügt den Journalisten die Hucke voll
Und das nennt man dann: Meet the Press
Jeder Tölpel erklärt sich zum Frauenheld
Jeder Bastler zum Ingenieur
Jeder Kleinaktionär sitzt im Aufsichtsrat
Jeder Schmalfilmer ist Regisseur
Die Meisten geben demnächst ihre Memoiren heraus
Es fehlt nur noch ein Interessent
Doch bald werden die Leute danach Schlange steh'n –
Man ist ja ungemein prominent!
Und nun kommt der gemütliche Teil
Der Kapellmeister bittet ein paar Schlagerstars
Charmant auf die Bühne hinauf
Sie singen ihre Hits, ich würd' das nie tun
Doch mich fordert ja auch keiner auf
Auf der Tanzfläche schwingt eine Primaballerina
Graziös ihr ältliches Bein
Sie tanzt den phantastischen "Pas de Calais"
Aus Tschaikowskys "Sterbenden Schwein"
Ein Fußballstar, der im Dreß erschien
Damit man ihn an seiner Nummer erkennt
Ist so überwältigt, dass er
Spontan auf die Ballerina zurennt
Er zwingt sie, mit ihm das Trikot zu tauschen
Und als alles betreten schweigt
Kriegt er von einem Herrn vom Verfassungsschutz
Die gelbe Karte gezeigt
Die Stimmung flaut ab, der Abend wird kühl
Und der Sekt schmeckt allmählich schal
Und mehr oder weniger überzeugt sagt man:
„Tschüß bis zum nächsten Mal!“
Der Herr vom Protokoll wünscht auch mir: „Gute Nacht“
Für ihn eine peinliche Pflicht
Er lächelt gequält und reicht mir die Hand
Doch ich wink' ab und nehme sie nicht
Ich hefte ihm nur fünf Mark ans Revers
Für den Sekt, damit sind wir quitt
Und such' ein Fest, das eine Nummer kleiner ist
Und bring' dafür mein Bier selber mit